4Bibeln: Aufschlagen

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2:0 Der Weg zur Biblia Deudsch von 1545

2:1 Nachdem Luther auf dem Rückweg vom Reichstag zu Worms (1521) nach Wittenberg in einer vermeintlichen Entführung vom sächsischen Kurfürst Friedrich dem Weisen auf die Wartburg gebracht wurde, begann er dort - untergetaucht als Junker Jörg - mit der Übersetzung der Bibel. Im September 1522 wurde das übersetzte Neue Testament ("Septembertestament") in der hohen Auflage von 3000 Exemplaren von Melchior Lother in Wittenberg gedruckt. Trotz des hohen Preises von eineinhalb Gulden war die Auflage innerhalb von drei Monaten vergriffen und so wurde bereits im Dezember 1522 die zweite Auflage mit verbessertem Text und korrigierten Bildern gedruckt.

2:2 Es wird in der evangelischen Überlieferung sehr stark herausgestellt, dass Luther sich in diesen Wochen auf der Wartburg von der Vulgata radikal ab- und dem griechischen Urtext zugewandt habe. Das ist richtig, aber nur die halbe Wahrheit. In Luthers Neuem Testament ist der Einfluss der Vulgata stark zu spüren. Ja, noch mehr: die Lutherbibel ist diejenige deutsche Bibel, die das Erbe der mittelalterlich-lateinischen Tradition im deutschen Sprachraum bis heute repräsentiert.

2:3 Beispiel: "Vnd der friede Gottes / welcher höher ist / denn alle vernunfft / beware ewre hertzen vnd sinne in Christo Jhesu." (Phil 4,7) Dieser als sog. Kanzelsegen für die evangelische Liturgie wichtige Bibelvers konserviert auch in der aktuellen Revision von 1984 die Textgestalt der alten Vulgata "Et pax Dei ... custodiat corda vestra", während die Nova Vulgata nach dem griechischen Urtext korrigiert: "... custodiet corda vestra".

2:4 Das in kurzer Zeit und in einer persönlich hoch belastenden Situation von Luther übersetzte "Septembertestament" ist natürlich die ganz eigene Leistung des Reformators; schaut man jedoch auf das dann in Wittenberg in Angriff genommene Alte Testament, so stellt sich die Lutherbibel auch als Gemeinschaftswerk dar; Luthers Sprachkompetenz war im Griechischen viel höher als im Hebräischen.

2:5 Der Zeitzeuge Johannes Mathesius entwirft um 1564 in einer Predigt folgendes Bild von dem Übersetzungsprojekt: Melanchthon hätte den Septuagintatext präpariert, Cruciger die Rabbinerbibel des Jakob Ben Chajim. Bugenhagen habe den Vulgatatext vorbereitet. "Darauf proponieret dieser Präsident (Luther) einen Text und ließ die Stimmen herumgehen und höret, was ein jeder dazu zu reden hätte..."

2:6 In jahrelanger Arbeit wurde ein Buch des Alten Testaments nach dem anderen übersetzt. Dabei wirkten sicher mehr Fachleute mit als Mathesius beschreibt, z. B. auch Caspar Aquila. Im Oktober 1524 waren Pentateuch, historische und poetische Bücher fertiggestellt, wahrscheinlich im März 1526 das Buch Jona, im Juni 1526 das Buch Habakuk, im Januar 1528 das Buch Sacharja und im Oktober 1528 das Buch Jesaja.

2:7 1529 wurde das Neue Testament gründlich revidiert und 1530 endgültig ediert. Die Arbeiten an den Büchern gingen weiter, inzwischen auch mit Kommentierungen: Im Juni 1529 wurde die Weisheit Salomonis fertiggestellt, im April 1530 das Buch Daniel mit breiter, kommentierender Vorrede, und im Juni gab es kommentierte 38. und 39. Kapitel von Hesekiel (Gog). 1531 wurde der Psalter ganz neu und endgültig gestaltet.

2:8 Im März 1532 druckte der Wittenberger Hans Lufft die Bücher der Propheten. Im Januar des darauffolgenden Jahres wurde Jesus Sirach fertig gestellt und kurz danach der 1. Makkabäer, in seiner zweiten Auflage ergänzt durch die Geschichte von Susanna und Daniel sowie von Bel und dem Drachen zu Babel.

2:19 1533 gab es direkte Vorbereitungen für die Gesamtausgabe, zu denen unter anderem Revisionen von Pentateuch, historischer und poetischer Bücher des Alten Testaments, vor allem 1. Mose gehörten. Vom 4. Oktober bis zum 11. Oktober 1534 fand die Michaelismesse statt, zu der die vollständige Fassung ungebunden in 900 Folioblättern, in sechs Teilen mit je eigenem Titelblatt und eigener Blattzählung vorlag: Pentateuch, historische und poetische Bücher, Propheten, Apokryphen, Neues Testament.

2:10 1545 gab es die letzten Korrekturen der Biblia Deudsch von Luthers eigener Hand.

2:11 Der Reformator gab in seinen "Summarien über die Psalmen und Ursach des Dolmetschens" (1533) Rechenschaft über seine Übersetzungsgrundsätze: er wollte einerseits eine (für damalige Leser) flüssige Übersetzung; andererseits sollte überall dort, wo der biblische Wortlaut einen tieferen Sinn zu bieten schien, auch wortwörtlich übersetzt werden.

2:12 Luther und seine Mitarbeiter erwarben geradezu enzyklopädische Kenntnisse bei der Übersetzung des Alten Testaments. In der "Vorrede vber den Propheten Daniel" wird dem Leser die Geschichte der Makkabäerzeit detailliert dargestellt, da der historische Sitz im Leben richtig erkannt wird.(Doch dann überwältigt den Übersetzer die Zeitgeschichte: "HJe ist klerlich der Bapst abgemalet / der in seinen Drecketen vnuerschampt brüllet...")

2:13 Mathesius behauptet, daß Luther sich "etliche Schöpse abstechen ließ" und von dem Wittenberger Metzger dann die Bezeichnungen der einzelnen Innereien erfragte - um Stellen wie Lev 3,6-11 richtig übersetzen zu können.

2:14 Als Beispiel für die vielen kleinen Sachklärungen, die die Lutherbibel dem zeitgenössischen Leser anbot, hier eine Randglosse zu Hiob 9,10:

2:15 "(Orion) Jst das helle Gestirne gegen mittag / das die Bauren den Jacobsstab heissen. Die Glucke oder Henne / sind die sieben kleinen Sterne."

2:16 Bei alledem entsteht jedoch kein getreues Bild des Alten Orients oder der antiken Welt vor dem Auge des Lesers, sondern es ist immer Luthers eigene Umwelt, die von Knechten und Mägden, nicht Sklaven und Sklavinnen bevölkert wurde, in der vertraute Pflanzen wuchsen und die Schweine wie in Wittenberg üblich Braurückstände fraßen statt Schoten des Johannisbrotbaums:

2:17 "Vnd gieng hin / vnd henget sich an einen Bürger desselbigen Landes / der schicket jn auff sein acker der Sew zu hüten. Vnd er begerte seinen Bauch zu füllen mit trebern / die die Sew assen / vnd niemand gab sie jm." (Lukas 15, 15f.)

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